Dienstag, 15. April 2014

Schreibtagebuch Eintrag 12: Cover Sneak Peek zu "Glutrot" und das Brechen von Regeln


"klick-klick", "klick" ..... "tap-tap"

Voller Freude tanzt der Stift meines wacom Intuos über das Grafik Tablet und lässt Strich für Strich und Klick für Klick das Cover zu "Glutrot" entstehen.

Ich liebe das Zeichnen und als ehemaliger Informatiker nunmal auch den Computer, so ist es wohl nicht verwunderlich, dass ich gern selbst den digitalen Pinsel schwinge, wenn es um meine Geschichten geht.


Auf dem Bild ist ein Ausschnitt des Covers zu sehen, an dem ich arbeite. Die hübsche Dame mit dem schwarzen Schleier, der hier kaum zu erkennen ist, trägt den Namen Ria. Es ist meine Hauptfigur in "Glutrot", eine Glutländerin.
Über den Inhalt möchte ich noch nicht so viel verraten. Wohl aber über das Format.
Ich werde mich hier erstmals an einer Buchreihe versuchen mit kurzen, kompakten Bänden und (hoffentlich) schnellem Veröffentlichungszyklus. Ich folge damit einem Trend, der sich schon länger abzeichnet: Sämtliche Formen kurzer Texte erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Dank der vielen E-Reader, Tablets und Smartphones gibt es eine immer größere Gruppe mobiler Leser, die besonders beim Pendeln in Bus und Bahn kurzweilige Unterhaltung suchen. Auch für mich ist das eine attraktive Zielgruppe und das Format bietet mir mehr Möglichkeiten für Experimente.

Aktuell habe ich Spaß daran gefunden, die so oft gelesenen Regeln für das Schreiben etwas zu dehnen. Ja, auch zu brechen. Ich bin da ehrlich, das reizt mich als Autor einfach.
Wie oft lese ich überall, ich soll direkt ins Geschehen springen, die Action zeigen... Ich selbst predige das ja auch. Bisher ist auch jeder meiner Romananfänge in die wichtige Handlung eingestiegen.
Diesmal nicht. Diesmal breche ich die Regel. Ich beginne mit einer Beschreibung. Und, gute Güte, nein! Auch noch mit dem Wetter! Wie furchtbar... mich das doch reizt. Meine Leser mögen es mir verzeihen.

Was ist sonst bei mir so los?
Ich arbeite ebenfalls an Bildern zu meiner Schattenläufer Reihe, genauso wie an den Charakteren der Reihe allgemein. Ich feile da noch an Details, denn ich möchte auf keinen Fall etwas vergessen, so dass sie am Ende zu platt wirken könnten. Sie haben mir im Moment noch so viel zu erzählen! Und ich höre gebannt zu.

Da ich zur Zeit viele Illustrationen mache, habe ich daran gedacht, meinen alten Deviantart-Account aufzuräumen und wieder aktiv zu nutzen. Wenn es soweit ist, werde ich ihn einmal vorstellen.

Viele mögen sich nun fragen, wieso ich nebenbei an so vielen Bildern arbeite.
Ich bin schon mein ganzes Leben lang in mehreren Medien kreativ tätig und kann einfach nicht anders. Mir bieten Bilder und auch Musik andere Möglichkeiten des Ausdrucks, um ein Projekt von mir noch "lebendiger und runder" zu machen. Ich kann nicht anders. Es ist ein Bedürfnis.
Für meine erste Fantasywelt habe ich vor Jahren sogar einmal einen Titelsong geschrieben.
Das Schreiben allein bietet mir nicht, was ich brauche. Auch wenn es bedeutet, meine Zeit aufteilen zu müssen. Meine Prioritäten liegen da einfach anders.

Bald mehr zu "Glutrot" und meinen anderen spannenden Projekten.

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Zum Anfang: Schreibtagebuch Eintrag 1: Das Schreibtischchaos
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Montag, 7. April 2014

Romananfänge - Von Beschreibungen und Überraschungen


Anstatt negative Reviews zu Büchern zu schreiben, die mir nicht gefallen, schreibe ich lieber über die Gründe dafür, ohne das Buch beim Namen zu nennen.
Heute möchte ich über Romananfänge schreiben und wie man es nicht machen sollte.





Wenn man den Roman vor der Geschichte beginnt

Kürzlich bekam ich ein E-Book in die Finger, mit gutem Titel und interessanter Beschreibung. Hoffnungsvoll fing ich an zu lesen.
Im ersten Kapitel erlebte ich den weiblichen Protagonisten mit ihrem Liebsten im Urlaub. Trotz Dialog und aktiver Handlung kam keinerlei Interesse bei mir auf. Das recht öde Urlaubsleben brachte mir als Leser keine Hinweise, ganz besonders keine Spannung und keinen Antrieb weiterzulesen.
Ich fragte mich permanent, was dieser Teil mir bringen soll - was diese Szenen sollen, was sie für Sinn haben. Am Ende des Urlaubs war klar, dass dieser Abschnitt nichts mit dem Abenteuer des Buches zu tun hatte. Es hatte keinen Bezug zur eigentlichen Handlung, um die es später gehen sollte.
Nicht nur, dass die Urlaubsszenen keinen "Hook" hatten, der mich mit Interesse in die Szenen zog und mich zum Weiterlesen animierte, sie waren noch nicht einmal nötig für die Geschichte an sich.
Was soll ich sagen? Ich, als Leser, fühlte mich betrogen. Ich habe Zeit und Aufmerksamkeit investiert, in der Hoffnung auf einen Sinn des Gelesenen, weil mir ein Abenteuer versprochen wurde. Doch was ich las, war nicht von Wichtigkeit.

Beim erneuten Überfliegen des Kapitels wurde klar, dass der Autor hier vergeblich versucht hatte, dem Leser die Hauptfigur zu beschreiben und die Gedanken zur unzufriedenstellenden Liebesbeziehung. Das alles leider in einer Szene ohne Bezug zum Abenteuer. Eine austauschbare Szene! Sowas darf nicht sein.
Der Versuch, mir die Figur näher zu bringen schlug genau deshalb fehl. Ich habe mich nicht für sie interessiert, weil ich mich dauernd fragte, was der Blödsinn soll.
Ich wusste, dass die Hauptfigur später zu einem besonderen Ort fährt und dort ein spannendes Abenteuer erlebt. Der Urlaub davor stellt somit eine Vorgeschichte dar, die nichts im Buch zu suchen hat.

Einen Bezug zur Figur bekommt der Leser eher, wenn das Abenteuer läuft, wenn etwas besonderes mit der Figur passiert, dessen Ausgang den Leser interessiert.
Dies ist ein Fehler, den viele Autoren begehen. Sie glauben, dass sie dem Leser die Hauptfigur vor dem Abenteuer erst vorstellen müssen. Etwas, das fast immer schiefgeht.

Auf den Urlaub und das vorhersehbare Ende der Liebesbeziehung folgt eine lange Passage der Hauptfigur im Job. Genau wie zuvor schon mit dem Partner, wird hier im gleichen Schema der Job entsorgt. Zuerst erfährt man die negativen Gedanken der Figur bezüglich ihrer Arbeit, dann folgt eine eher nervige Handlung, um am Ende den absehbaren Jobverlust zu beschreiben.
Auch dieser Teil hatte nichts mit dem Abenteuer der eigentlichen Geschichte zu tun. Es ist eine Vorgeschichte, die ohne Spannung etwas über die Figur sagen soll. Was das ist, ist mir etwas unklar. Dass sie ihren Job nicht mag? Wenig interessant. Identifikation? Kommt auch nicht auf, denn die Gedanken der Figur nach dem Schema "Eigentlich sollte ich glücklich sein, aber irgendwie bin ich es nicht, ich sollte Partner/Job vielleicht loswerden" gingen mir sehr schnell auf die Nerven. Soll es mir verdeutlichen, dass sie nun weder Job noch Partner halten, so dass das Wegfahren zum Abenteuer "realistischer" ist? Das war mir doch vollkommen egal. Ich wollte ein Abenteuer, ich wollte Spannung.

Diese Dinge hätte man später im Abenteuer leicht, in wenigen Sätzen, einbauen können. Sture, lineare Erzählweise ist oft nicht der heilige Gral, wenn es darum geht, eine spannende Geschichte zu erzählen.
Nach dem Jobverlust geht das eigentliche Abenteuer los und die Figur macht sich auf den Weg. Hier hätte der Autor in die Geschichte einsteigen sollen. Auf der Fahrt wäre ein guter Moment gewesen, den Verlust von Job und Partner zu erwähnen, um die Fahrt noch interessanter zu gestalten, um das Tempo zu regulieren und der Fahrt eine angemessene "Länge" zu geben, ohne jeden langweiligen Streckenabschnitt beschreiben zu müssen.

Die Geschichte zieht nun das Tempo an und es passieren wirklich interessante Dinge, die das Abenteuer vorantreiben, doch ich vermute, dass es wenige Leser bis hierhin schaffen. Die meisten werden nicht durchhalten und vorher aufgeben. Weil das Buch vor der eigentlichen Geschichte beginnt.


Aller Anfang ist schwer

Es ist nicht immer leicht, den richtigen Punkt für den Einstieg ins Abenteuer zu finden.
Ein guter Anhaltspunkt ist der Ratschlag, dort zu beginnen, wo zum ersten Mal die Action losgeht, wo es zum ersten Mal spannend wird. Dann entgeht man der Gefahr, zu viel "Vorgeschichte" zu erzählen.

Die Plotter und Planer können diesen Punkt nach dem Plotten heraussuchen und dort mit dem Schreiben beginnen. Die Drauflosschreiber suchen ihn nach dem Schreiben im Rohtext. Doch so oder so, müssen beide Gruppen den schweren Schritt tun und alles, was vorher passiert, erbarmungslos streichen.
Wichtige Informationen müssen dann an einem anderen Ort in die Geschichte eingeflochten werden. So schwer dieser Schritt auch ist, er lohnt sich!

Ich will damit nicht sagen, dass Romananfänge mit Beschreibungen und bloßen Charaktereinführungen nicht auch gelingen können und zum Weiterlesen einladen. Es ist allerdings weitaus schwieriger und erfordert mehr Können.
Auch eine Beschreibung oder Charakterdarstellung braucht einen "Hook", der den Leser ködert. Etwas wirklich interessantes, das neugierig darauf macht, wie es weitergeht.
Eine richtige Actionszene bringt dies meist schon von selbst mit sich und ist deshalb ein sich anbietendes Mittel für einen "Hook" zu Beginn des Buches.

Wer mit Action beginnt, kann eine actionreiche Handlung wählen oder einen spannenden Dialog. Am besten natürlich gleich beides.
Wer mit Beschreibungen anfängt, sollte sich sowohl an "show, don't tell" halten, als auch Vertrauen in seine Leser haben. Nicht alles muss ihnen vorgekaut werden. Um eine Beschreibung allerdings interessant zu machen und nicht den nächsten austauschbaren "Wie das Wetter war, als der Prota aufwachte"-Start hinzulegen sollte es in der Beschreibung einen einzigartigen Schauplatz geben, wirklich unerwartete Details oder auch emotional ansprechende Passagen, ob sinnlich oder aufwühlend.


Zum Ende ein paar interessante Anfänge

Bisher passierte folgendes: Am Anfang wurde das Universum erschaffen. Das machte viele Leute wütend und wurde allenthalben als Schritt in die falsche Richtung angesehen.
Douglas Adams, “Das Restaurant am Ende der Welt”


Carl trat einen Schritt näher an den Spiegel heran. Mit dem Zeigefinger fuhr er sich über die Stelle an der Schläfe, wo ihn die Kugel gestreift hatte.
Jussi Adler-Olsen, “Erbarmen”


Zwei Männer hievten einen Ziegenbock mit zusammengebundenen Hufen aus dem Kofferraum einer blauen Limousine. Als sie ihn unten über den gefliesten Hof schleppten, klappte sein bärtiges Maul auf, und er begann zu hecheln und panisch mit den Augen zu rollen. 
Lisa Alther, ”Fünf Minuten im Himmel”

Auf dem feuchten Grunde des Schachtes wimmelte es von spielenden Kindern.
Martin Andersen Nexö, “Pelle der Eroberer”

   
Sie brachten Finsternis und Furcht in ihr Haus, sie brachten den Geruch von Aftershave, Shampoo und Bier. Sie brachten ein Springmesser mit, eine Gartenschere und eine grüne Handsäge.
Friedrich Ani, “German Angst”


Ich suchte nach einem ruhigen Ort zum Sterben. Jemand empfahl mir Brooklyn, und so brach ich am nächsten Morgen von Westchester aus auf, um das Terrain zu sondieren.
Paul Auster, “Die Brooklyn Revue”
 
 


Als Tash French frühmorgens die Toilettenspülung zog, fiel ihr ein großer Eiszapfen direkt auf den Kopf.
Fiona Walker, Heiraten macht mich nervös


Sonntag, 6. April 2014

Rezension: "Schreibcamp" von Stephan Waldscheidt

Das "Schreibcamp" von Stephan Waldscheidt hat mir sehr gut gefallen und ist, meiner Meinung nach, sein Geld wirklich wert.

Nicht nur, dass mein Roman durch die vielen Vorschläge an Qualität gewonnen hat, das "Schreibcamp" hat mir auch Mut gemacht, weil ich gemerkt habe, dass ich durchaus einiges intuitiv richtig mache. Solche Schulterklopfer brauche ich von Zeit zu Zeit. Auch dafür: Danke.

Der Aufbau ist gelungen und auch ich empfehle, die Reihenfolge so einzuhalten, wie sie vom Autor vorgesehen ist. Der Ratgeber ist eingeteilt in "28 Tage", wobei sich der Leser an jedem Tag eines speziellen Themas annehmen soll.


Ein paar Eindrücke von meiner Erfahrung mit dem Ratgeber:

Gleich an Tag 1 hatte er mich am Haken.
Natürlich weiß ich, dass der erste Satz wichtig ist, doch es im Detail schwarz auf weiß zu lesen ist noch einmal etwas anderes. Der umwerfende erste Satz, den ich mir überlegen sollte, ist übrigens der Anfang einer Kurzgeschichte geworden. An Tag 2 hat mich der letzte Absatz dazu gebracht, mir ein interessantes Detail zu einer Charakter-Ort-Beziehung auszudenken. Ein emotionaler Moment.

Tag 3 war besonders amüsant. Ich saß im Wohnzimmer meiner Eltern, das mein Sohn zuvor in ein kleines Chaos verwandelt hatte, und suchte nach den "unpassenden Gegenständen". Beim ersten Überfliegen fiel mir nichts auf, alles war passend im Zimmer, wie immer. Doch dann blieb mein Blick am Kinderreisebett hängen, das zum spielen mitten im Raum stand. Plötzlich fiel mir auch die kleine Pfanne auf dem Boden auf, die mein Sohn aus der Küche entführt hatte. Hinten in der Zimmerecke lag außerdem noch ein Deoroller, scheinbar ein weiteres Entführungsopfer. Ja, diese Dinge passten nun wirklich nicht in ein Wohnzimmer.
Mit einem Lächeln las ich weiter.

An Tag 5 sprach mir der Autor aus der Seele. Ich habe besonders in den letzten Wochen viele Texte und Bücher von Selfpublishern vor die Nase bekommen, deren erste Kapitel aus ewig langen, langweiligen, wenig sagenden Beschreibungen bestehen, die jeder Lektor nur zu gern gestrichen hätte. Dieser Tag 5 war mein "Schulterklopfer".

An Tag 7 habe ich einen Charakter getötet.
Und an Tag 9 wurde ein Klischee weit ausgebreitet um es dann komplett umzukrempeln. Ein wunderbares neues Detail meines Helden kam zum Vorschein. Tag 10 hat die missliche Lage meiner Helden verschlimmert, was für sie zwar ärgerlich, für die Leser aber umso besser ist.

An Tag 13 und 14 gab es dann von allem mehr. Mehr Drama, mehr Einsatz, mehr Konflikt, mehr Risiko, mehr zu verlieren. Meine armen Helden. Doch sie werden das schon verkraften.
Tag 15 brachte interessante Ziele mit sich, denn mich beschäftigte die Frage: "Was will Ihr Protagonist in der aktuellen Szene erreichen?" Außerdem warf ich massig Hindernisse hinterher.

Tag 19 ergab neue Gefühle für meine Helden und damit auch neue Ideen für den Ablauf der Geschichte und für die Hintergründe. An Tag 20 waren meine Helden bei Ikea und diverse Schauplätze wurden mit dem seltsamsten Zeug bestückt.

Tag 25 hat für mich eine sehr wichtige Aussage. Es geht halt doch immer um Beziehungen. Wenn diese fehlen, besteht ein Buch oder Film einfach aus langweiligen, aneinandergereihten Szenen einzelner Figuren. Und so habe ich noch mehr Beziehungen geflochten und Nebenfiguren miteinander bekannt gemacht. Tag 26 hat mich zwei Szenenanfänge komplett umbauen lassen. Ich habe einen Haken reingeknotet.

Tja, und an den Tagen 27 und 28 habe ich über viele Enden nachgedacht. Die Enden von Szenen, von diversen Büchern und unreifen Ideen.

Fazit:
Das "Schreibcamp" ist ein Ratgeber, den ich sicherlich im Entstehungsprozess eines jeden Romans einmal zu Rate ziehen werde. Ich kann ihn jedem empfehlen, der eine Rohfassung seines Werkes und etwas Zeit mitbringen kann.
Stephan Waldscheidt beginnt mit dem Versprechen: "Dieses Buch wird Ihren Roman besser machen. Vom ersten Tag an." Und dieses Versprechen hält er auch.

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Rezensionen zu Schreibratgebern auf FederKiel : Schreibratgeber
 
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