Dezember 2010
Langsam steigt der Dampf meines Tees aus dem Becher neben mir empor und ich starre auf das meditative Blinken des Schreibcursor. Meine Finger finden den Weg zur Tastatur, setzen an und ziehen sich dann scheu wieder zurück.
Ich stecke im ersten Kapitel.
Ich stecke zwischen zwei Szenen.
Ich stecke fest.
Es ist ein Gefühl, wie zu Anfang des Buches, bevor ich den ersten Satz schrieb, doch irgendwie auch ganz anders. Ich habe einen Plot, ich habe die Ratgeber gelesen... und ich habe keine Ahnung, was ich hier grade tue.
Was will ich denn in der Geschichte als nächstes passieren lassen? Ich weiß, was ich langfristig vor hatte, wo meine Figur in ein paar Kapiteln sein sollte, doch was jetzt genau als nächstes geschehen soll, habe ich mir weder überlegt, noch kommt die Idee nun von allein angeflogen, wie ich es sonst bei der Ideenfindung gewohnt bin.
Was ist los? Falle ich grade durch die Maschen meines zu grob gestrickten Plans? Stolpere ich nun in meine Plotlöcher hinein und verliere den Schwung?
Ich erinnere mich an einen Ratschlag, den ich gelesen habe. Er besagt, dass man versuchen soll an einer anderen Stelle weiterzuschreiben, wenn man an der aktuellen überhaupt nicht mehr weiter kommt.
Das klingt viel versprechend, diesem Rat möchte ich jetzt folgen. Ich habe da so eine Idee für eine Szene, eine gute Szene.
Ich tappe ein paar Zeilen runter und fange an zu tippen. Es läuft flüssig. Das Treffen der Figuren geht mir gut von der Hand und der erste Wortwechsel ist herrlich lebendig. Und dann nach einem weiteren Absatz ist der längere Dialog da. Das Gespräch, über die Dinge, die passiert sind. Was nun? Ich kann keinen Dialog über Szenen schreiben, die noch gar nicht existieren, deren Inhalt ich gar nicht kenne. Ich könnte das Gespräch als Versuch wahrnehmen, herauszubekommen, was vorgefallen ist. Doch die Ideen spielen Verstecken mit mir.
Ich stecke wieder fest.
Nach einem tiefen Seufzer trinke ich den letzten Schluck meines mittlerweile kalten Tees. Der bittere Geschmack verschmilzt perfekt mit meiner Stimmung.
Ich könnte nun weitere Inselchen aufbauen. Am Ende habe ich dann viele kleine Szeneninseln in meinem Romanmeer, so ganz allein, ohne Brücken oder Fährverbindungen, einsam daliegend und darauf wartend, mit anderen Inseln zusammen einen Kapitelkontinent zu bilden.
Es wird Zeit für Neulandgewinnung, ich muss den Verlandungsvorgang zum Laufen bringen.
Mit anderen Worten: Ich brauche wohl doch einen dichteren Plot.
Zum ersten Mal habe ich etwas über mich als Schreiber gelernt.
Ich bin wirklich kein Drauflosschreiber.
Ich bin ein Planer.
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